Intervention "HIER stehe ich ..."

S.a. www.hier-stehe-ich.at

Karl Gustav Philipp Doppelmayr

Industriepionier und Eigentümer der Textilmanufaktur Mittelweiherburg
1777 – nach 1837

Karl Gustav Philipp Doppelmayr steht auf der Treppe zur Kreuzkirche als Skulptur. Es hat den Anschein, er käme gerade vom Heuberglift in Hirschegg, um dort die Doppelmayr-Technik zu begutachten, das weltweit bekannte Produkt seiner Nachfahren.

Bildrechte beim Autor

Nach einer kurzen Blüte der Reformation in Österreich verschwand der Protestantismus in diesem Alpenland fast vollständig durch die Kräfte der Gegenreformation. Erst Industrielle, Investoren und "Arbeitsmigranten" brachten im 19. Jahrh. wieder evangelisches Leben nach Österreich. Karl Gustav Philipp Doppelmayr war einer von ihnen.

Seine Vorfahren waren Händler, die aus der Oberpfalz stammten und bereits in der aufkommenden Textilindustrie tätig waren. Er heiratete die Tochter von Samuel Vogel, der in den 1790er Jahren im Ansitz Mittelweiherburg in Hard eine Baumwollmanufaktur eingerichtet hatte. Vogel selbst war aus dem badischen Emmendingen zugewandert und wird als ein Industriepionier für die Textildruckerei in Vorarlberg gesehen. Samuel Vogel verließ mit seiner Familie Hard nach knapp einem Jahrzehnt wieder und baute in Wels eine neue Fabrik auf. Die Harder Manufaktur erbte seine Tochter Karolina Vogel, die mit ihrem Ehemann Karl Gustav Philipp Doppelmayr 1813 von Wels nach Hard übersiedelte. Nach einem Brand wurde der Textildruckbetrieb in eine chemische Schnellbleiche und Appretur (veredelnde Behandlung von Stoffen und Textilien) umgewandelt.

Karl Gustav Philipp und Karolina Doppelmayr waren evangelisch und ließen ihre Kinder von einem evangelischen Prediger aus Appenzell-Außerrhoden unterrichten. Auch die meisten Facharbeiter der Harder Fabrik stammten übrigens, wie in anderen frühindustriellen Textilbetrieben in Vorarlberg, aus der Schweiz oder aus dem süddeutschen Raum. Diese „andersgläubigen“ Fremden wurden anfänglich von der ortsansässigen Bevölkerung mit Misstrauen betrachtet und gemieden.

Karl Gustav Philipp Doppelmayr führte sein Unternehmen mehrere Jahre erfolgreich und erwarb weitere Realitäten in der Umgebung der Mittelweiherburg-Fabrik. 1824 gab er jedoch seinen gesamten Liegenschaftsbesitz samt der Fabrik mit Ausstattung als Wetteinsatz in eine Lotterie. In allen großen europäischen Handelshäusern wurden Lose angeboten. Vermutlich tat er dies in der Hoffnung, damit Geld zu verdienen und den Gewinner der Liegenschaft durch eine aus dem Gewinn der Lotterie abgezweigte Abschlagszahlung auszulösen. Ob dies gelang, ist ungewiss – Tatsache ist, dass Doppelmayr den Besitz um 1830 verkaufte.

Sein Enkel Konrad Doppelmayr wurde schließlich in einer anderen Branche weltbekannt – er gründete 1892 in Wolfurt das Unternehmen Doppelmayr Seilbahnen.

Bildrechte beim Autor

Sein Enkel Arthur Doppelmayr starb hochbetagt kürzlich am 2.5.2017.

 

Reformation in Vorarlberg – 
eine historische Einleitung 

Die Reformation in Vorarlberg begann in Wittenberg. Feldkirch war im 16. Jahrhundert das Zentrum des Humanismus im Land. Viele Studenten aus Vorarlberg gingen an Universitäten, in denen im neuen Geist gelehrt wurde. Über fünfzig zog es allein an die Universität nach Wittenberg. Dort kamen sie mit den Lehren Martin Luthers in Kontakt. Einige von ihnen wurden enge Wegbegleiter des Reformators. Heimkehrer und Reisende brachten reformatorische Schriften und Traktate mit. Die neue Lehre verbreitete sich im Land und bald bekannte sich ein erheblicher Teil der Bürgerschaft zur Reformation.

Wenige Jahrzehnte später begann die Regierung in Innsbruck mit Maßnahmen, die Sympathien für die Reformation zu unterdrücken. Bücher wurden verbrannt, der Besuch der katholischen Messe wurde per Geldstrafe erzwungen, die Einhaltung des Fastens wurde streng kontrolliert. Viele, die „vom lutherischen Geist befallen waren“, mussten fliehen oder wurden abgeschoben. Gegen die Anhänger Luthers und Zwinglis, die hier im Land blieben, ging man brutal vor. 

Schon nach wenigen Jahrzehnten galt die Reformation als gescheitert. Dadurch kam es zu einer beachtlichen humanistischen und intellektuellen Aushöhlung. Vereinzelt hielten sich ein paar „Kryptoprotestanten“ über die folgenden Jahrhunderte.

Als ein herausragender Exponent der Gegenreformation galt Merk Sittich (1466–1533) von Ems, der als Obrist und Landsknechtführer des schwäbischen Bundes die aufständischen Bauern mit aller Härte bekämpfte. Er schreckte nicht vor brutalen Maßnahmen gegen die Anhänger Luthers oder Zwinglis zurück. In seinen Vogteien achtete er darauf, dass zumindest formal den Erfordernissen des alten Glaubens Genüge getan wurde. Wer sich widersetzte, wurde entweder ausgewiesen, eingesperrt oder hingerichtet. Auch die Bludenzer Reformatoren Lucius Matt und Thomas Gassner wurden 1525 von Merk Sittich des Landes verwiesen.

Mit Beginn des 19. Jahrhunderts siedelten sich Industrielle aus der Schweiz und aus Schottland an und errichteten Textilfabriken. Sie brachten mit ihren Facharbeitern auch ihren evangelischen Glauben mit. Später kamen noch Kaufleute und Gewerbetreibende aus Süddeutschland hinzu. Auch protestantische Adelige ließen sich in Vorarlberg nieder.

Zunächst war es ihnen untersagt, eine eigene evangelische Gemeinde zu gründen. Das änderte sich, als Kaiser Franz Joseph I. 1861 das Protestantenpatent erließ, wonach Protestanten den Katholiken rechtlich gleichgestellt wurden. In Vorarlberg versuchte zunächst das katholisch-konservative Lager die Niederlassung einer evangelischen Gemeinde mit Plakat- und Unterschriftsaktionen zu verhindern. Unterstützt durch den neuen Landtag, in dem die Liberalen die Mehrheit hielten, konnte aber noch 1861 die „Evangelische Gemeinde für Vorarlberg“ gegründet werden. Drei Jahre später wurde die „Evangelische Kirche zu Bregenz“ eingeweiht
(1861 Bregenz, 1900 Feldkirch, 1951 Dornbirn, 1977 Bludenz). 

Wolfgang Olschbaur

 

Hier stehen wir – 
evangelisch und römisch-katholisch

Neben vielen Gemeinsamkeiten, wie u.a. Bibel, Jesus, Taufe, Trinität, Glaubensbekenntnis, Liedgut, hohe Festtage wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten und ähnliche Arbeitszweige wie Caritas/Diakonie, gibt es zwischen den Konfessionen auch erkennbare Unterschiede.

Dem Papst kommt z.B. in der katholischen Kirche im Blick auf ihre Gestalt/Struktur und ihr Verständnis eine zentrale Rolle zu. Dies sieht die Evangelische Kirche anders: „mit, aber nicht unter dem Papst“ – so ließe sich die evangelische Position wohl am ehesten beschreiben. Im evangelischen Verständnis gibt es keine zentrale Lehrinstanz, sondern jede/-r ChristIn ist für sein/ihr Tun und Lassen allein dem eigenen Gewissen und Gott gegenüber verantwortlich.

In den Evangelischen Kirchen sind Männer und Frauen grundsätzlich gleichberechtigt, d.h. Frauen können auch als Pfarrerin, (Landes-) Superintendentin, Oberkirchenrätin und Bischöfin tätig sein, vorausgesetzt, sie werden in diese Funktion gewählt, aber das gilt für Männer gleichermaßen. Geistliche AmtsträgerInnen der Evangelischen Kirchen können frei entscheiden, ob sie heiraten bzw. eine Familie gründen oder lieber ehelos leben möchten. 

Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Konfessionen besteht in der Zahl der Sakramente. Während es bei den Katholiken sieben Sakramente gibt, sind es in der Evangelischen Kirche zwei: Taufe und Abendmahl. Begründet wird dies mit dem Argument, dass allein diese beiden sich nach biblischer Überlieferung auf Jesus zurückführen lassen. Im Blick auf das Abendmahl/die Eucharistie gibt es noch einen besonders wichtigen Unterschied: Während in der katholischen Kirche gelehrt wird, dass durch den Priester Brot und Wein zu Leib und Blut Christi gewandelt werden, hängt es in der evangelisch-lutherischen Kirche vom einzelnen Gläubigen ab: Wenn dieser glaubt, dass er Leib und Blut Christi empfängt, dann ist dem so. Die evangelisch-reformierten ChristInnen verstehen das Abendmahl im Sinne einer Gedächtnisfeier.

Weitere Unterschiede bestehen in den Punkten Glaubensquellen (Katholisch: Bibel und Überlieferung bzw. Tradition. Evangelisch: nur die Bibel), Heiligenverehrung, die in der Evangelischen Kirche nicht praktiziert wird, und Beichte. Katholischerseits spricht der Priester nach der Beichte die Vergebung im Namen Jesu aus, während die Evangelischen davon ausgehen, dass die Schuld der Gläubigen in dem Moment vergeben ist, in dem sie vor Gott bekannt wird, da im Tod Jesu auf Golgatha alle Schuld bereits vergeben ist.

Ralf Stoffers, evang. Pfarrer in der Kreuzkirche am Ölrain in Bregenz, die Mutterkirche der Kreuzkirche in Hirschegg